
Oft stößt man auf den Begriff des Nießbrauchs, wenn Vermögenswerte vererbt oder verschenkt werden sollen. Sei es innerhalb oder außerhalb der Familie, das Nießbrauch-Recht und die damit zusammenhängende Steuer sollten bei der Übergabe von z.B. Immobilien oder anderen Wertanlagen in jedem Fall beachtet werden. Beim Nießbrauch gibt es einiges zu beachten, aber auch ein paar Tricks, mit denen du Steuern durch einen Nießbrauch sparen kannst.
In diesem Artikel erfährst du genau, was der Nießbrauch und die Nießbrauch-Steuer ist und wie sie berechnet wird. Außerdem beantworten wir alle wichtigen Fragen rund um Nießbrauch und Steuern und geben dir ein paar nützlich Tipps, wie du Steuern durch einen Nießbrauch sparen kannst. Alle Antworten auf diese und weitere Fragen findest du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Nießbrauch ist ein Recht, welches einer Person übertragen werden kann, die einen Vermögenswert wie z.B. eine Immobilie nutzen, bewirtschaften und auch vermieten kann, ohne der Eigentümer zu sein.
- Die Nießbrauch-Steuer setzt sich aus Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer zusammen und ihre Höhe hängt von der Steuerklasse und der verwandtschaftlichen Nähe der Beteiligten ab.
- Durch den Schenkungsfreibetrag von 400.000€ und das damit verbundene Umgehen der Erbschaftssteuer können in vielen Fällen Steuern gespart werden.
Hintergründe: Was genau ist Nießbrauch?
Der Nießbrauch ist ein umfassendes Nutzungsrecht am Eigentum(1). Ein Nießbrauch ist zum Beispiel an einem Unternehmen, an Wertpapieren, an Kapitalbeteiligungen und an Grundstücken möglich. Ob das Wertobjekt verschenkt wurde oder verkauft wurde, ist dabei egal.
In der Praxis ist es am häufigsten der Fall, dass Nießbrauch an einer Immobilie eingetragen wird. Eine Person, die das Nießrecht für z.B. eine Immobilie besitzt, kann diese bewirtschaften, bewohnen und vermieten. Sie hat also umgangssprachlich ein umfassendes Nutzrecht für die Immobilie vom Eigentümer bekommen.
Um einen Nießbrauch rechtskräftig eintragen zu lassen, muss ein Notar einen beurkundeten Eintrag ins Grundbuch tätigen. Wenn das geschehen ist, bleibt das Nießbrauchsrecht bestehen, auch bei Verkauf des Grundstücks oder bei Zwangsvollstreckung.
Was ist die Nießbrauch-Steuer?
Wer eine Immobilie, also z.B. eine Wohnung als Nießbraucher nutzen darf, der hat davon einen Geldwerten Vorteil. Denn wer nun als Nießbrauch-Nutzer selbst in der Wohnung lebt, der muss keine Miete bezahlen und spart diese theoretisch ein. Wer die Wohnung vermietet, der bekommt sogar noch Geld von den Mieteinnahmen.
Aus dieser Tatsache ergibt sich, dass die Übertragung des Nießbrauch-Rechts auch immer mit einem Geldwert beziffert werden kann. Je nachdem, ob das Nießbrauch-Recht befristet oder unbefristet verliehen wurde, wird der Geldwerte Vorteil entweder für die Dauer des Nießbrauch-Verhältnisses berechnet, oder für die restliche durchschnittliche Lebenserwartung des Nießbrauch-Nutzers. Diese wird anhand von offiziellen Tabellen des Finanzamtes ermittelt.
Eine eigene Steuer für den Nießbrauch gibt es nicht, sondern die Steuern für den Nießbrauch setzen sich aus Einkommenssteuern und Schenkungssteuern zusammen.
Wie hoch ist die Nießbrauch-Steuer und wie wird sie berechnet?
Die Höhe der Nießbrauch-Steuer wird anhand der zu erwartenden Lebensdauer des Nießbrauch-Nutzers berechnet.
Wenn z.B. ermittelt wurde, dass der Nießbrauch-Nutzer noch 20 Jahre lebt, dann wird die Summe aus den 12 Monatsmieten bzw. dem Geldwerten Vorteil der Immobilie mit einem Faktor (der für die 20 Jahre Lebenszeit steht) multipliziert. Im Endergebnis kommt dann der Kapitalwert des Nießbrauchs heraus, welcher versteuert werden muss.
In der folgenden Tabelle sind die Steuersätze angegeben, welche für die Nießbrauch-Steuer angesetzt sind. Diese richten sich zum einen nach der Steuerklasse und zum anderen nach der Höhe des Nießbrauch-Wertes, der über dem Freibetrag liegt.
Wert des Nießbrauchs | Steuersatz in Steuerklasse 1 | Steuersatz in Steuerklasse 2 | Steuersatz in Steuerklasse 3 |
---|---|---|---|
bis 75.000€ | 7% | 15% | 30% |
bis 300.000€ | 11% | 20% | 30% |
bis 600.000€ | 15% | 25% | 30% |
bis 6.000.000€ | 19% | 30% | 30% |
bis 13.000.000€ | 23% | 35% | 50% |
bis 26.000.000€ | 27% | 40% | 50% |
über 26.000.000€ | 30% | 43% | 50% |
Die genaue Höhe der Steuer wird also aufgrund der Steuerklassen berechnet(2). Diese richten sich aber nicht nach dem Familienstand, sondern nach dem Verhältnis zwischen Nießbraucher und dem Schenkenden oder Vererbenden. Zu versteuern sind dabei nur die Werte, wie oben in der Tabelle angegeben, die über dem gesetzlichen Freibetrag von 400.000€ liegen.
Kann man mit einem Nießbrauch Steuern sparen?
Schenkungssteuer bei Immobilien
Wenn Eltern zu Lebzeiten ihren Kindern z.B. ein Haus schenken, dann wird wegen dieser Schenkung und der Übertragung des Eigentums eine Schenkungssteuer fällig. Das Finanzamt muss hierbei den Wert (Geldwerten Vorteil) des Nießbrauchs von dem zu versteuernden Schenkungswert abziehen, wodurch im Endergebnis weniger Schenkungssteuer anfällt.
Die Ernennung eines Nießbrauchs lohnt sich also, denn so können Schenkungssteuern gespart werden.
Die Berechnung dieser Steuer erfolgt auf der Grundlage des Bewertungsgesetzes(2). Dies besagt, dass die Summe der jährlichen Mieteinnahmen um die Werbungskosten reduziert wird. Dieser Jahreswert wird mit der erwarteten durchschnittlichen Lebensdauer der Nießbrauch-Nutzer verrechnet und ergibt die ungefähre Dauer des Nießbrauchs.
Je höher das Alter des Nießbrauchsberechtigten bei der Übertragung des Nießbrauch-Rechts ist, desto weniger ist das Recht wert. Beim Vertragsabschluss kann man das ungefähr zu erwartende Alter, also die Lebenserwartung des Nießbrauch-Nutzers, anhand einer Tabelle des Bundesfinanzministeriums ablesen.
Neuer Freibetrag alle 10 Jahre bei Schenkungen
Durch Schenkungen zu Lebzeiten lässt sich Erbschaftssteuer sparen, denn die Beschenkten und Erben können die Freibeträge für Kinder und Enkelkinder mehrfach ausnutzen, da sie alle zehn Jahre neu anfallen.
Dem Kind steht gegenüber seinen Eltern z.B. laut dem Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro zu(3). Würden die Eltern ihrem Kind eine Wohnung im wert von z.B. 470.000€ schenken, dann müssten auf die überschüssigen 70.000€ ganze 7% Schenkungssteuer bezahlt werden, was wirklich viel ist.
In diesem Fall lohnt es sich, die Eltern als Nießbrauch-Nutzer einzutragen, denn dann wird der Geldwerte Vorteil, den die Eltern bis zum Ende ihres Lebens von der Immobilie haben, von der Schenkungssteuer abgezogen. Es könnte also durchaus sein, dass dadurch der errechnete Wert der Immobilie genau 400.000 oder weniger beträgt und somit überhaupt keine Steuern anfallen, da 400.000€ die Höhe des Freibetrags ist.
Erbschaftssteuer
Durch die reformierte Erbschaftssteuer ist das Modell des Nießbrauch zu einem interessanten Modell des Steuersparens geworden. Wir eine Immobilie zu Lebzeiten des Vererbenden an seine Kinder verschenkt, umgeht man damit die Erbschaftssteuer, denn der Schenkungsfreibetrag von 400.00€ kann in Anspruch genommen werden.
Wenn er errechnete Wert der Immobilie nicht über diesem Wert liegt, dann muss in diesem Fall das Kind überhaupt keine Steuern darauf zahlen.
Falls der Wert der Wohnung den Freibetrag übertrifft, kann durch das Eintragen des Nießbrauchs für die Eltern (die Vererbenden oder Schenkenden), der Überschuss mit dem vorher anhand der Lebenserwartung etc. errechneten 'Geldwerten Vorteil der Immobilie' verrechnet werden und tilgt sich mit etwas Glück komplett oder verringert sich zumindest signifikant, denn der errechnete Wert wird von dem steuerlichen Wert der Wohnung abgezogen.
Der steuerliche Wert des übergebenen Vermögensgegenstandes wird also durch den Nießbrauch direkt gemindert. So lassen sich effektiv Steuern sparen.
Grunderwerbsteuer
Wenn ein Nießbrauchsrecht für eine Immobilie an eine Person übertragen wird, können Grunderwerbssteuern anfallen.
Freibeträge, die bei der Festsetzung der Schenkungsteuer abgezogen werden, mindern die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht (FG Nürnberg, Urteil vom 5. März 2015, Az. 4 K 410/13)(4).
Allerdings bleiben Schenkungen, die in gerader Verwandschaftslinie (z.B. von Eltern zu Kind) oder unter Eheleuten gemacht wurden, von der Grunderwerbssteuer ausgenommen(5, 6). Probleme können hierbei z.B. unter Geschwistern entstehen.
Wie wird das Nießbrauch-Verhältnis beendet?
Aber das Nießbrauch-Verhältnis kann auch früher beendet werden, wenn z.B. beide Parteien das Recht einverständlich aufheben(9) oder der Inhaber des Nießbrauch-Verhältnisses gibt dieses einfach auf.
Fälle, bei denen das Nießbrauch-Recht aufgehoben werden kann bzw. enden kann, sind:
- das Ablaufen einer gesetzten Frist
- das erneute Heiraten des Inhabers des Nießbrauch-Rechts
- der Tod des Nießbrauch-Nutzers
Für diese Fälle enthält der Überlassungsvertrag für den Nießbrauch meistens eine sog. Rückübertragungsverpflichtung.
Wie funktioniert Nießbrauch beim Erbe?
Das bedeutet, die zukünftigen Erben (oft die Kinder) werden zum Eigentümer einer Immobilie gemacht, welche die Vererber (oft die Eltern) noch nutzen möchten. Besitzt jemand also eine Immobilie und möchte diese vererben bevor er stirbt, dann kann er dies tun und sich zusätzlich als Nießnutzer bzw. Inhaber des Nießbrauchsrechts eintragen lassen.
So ist die betreffende Person nicht mehr der Eigentümer des Gebäudes, aber darf es trotzdem noch bewohnen und vermieten. Nießbrauch wird dann ins Grundbuch eingetragen. Mit diesem Vorgehen wird das normale erben nach dem Tod eines Angehörigen oder Verderbers umgangen und somit auch die Erbschaftssteuer.
Fazit
Der Nießbrauch ist also ein sehr spannendes Konzept, mit dem sich Steuern anders berechnen und sogar einsparen lassen. Für Besitzer von Vermögenswerten und besonders für Immobilien ist das Modell des Nießbrauchs und seinen Steuervorteilen in jedem Fall eine gute Alternative, um Erbschaftssteuern oder Streitigkeiten um den Nachlass zu vermeiden.
Wie immer gilt aber: Geh auf Nummer Sicher und lass dich umfassend von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, wenn du Übergabeverträge mit einem Nießbrauch aufsetzen möchtest. Denn in jedem individuellen Fall sind die steuerlichen und rechtlichen Fragen etwas unterschiedlich, aber auf jeden Fall sehr komplex.
Bildquelle: Kalugin/ 123rf
Einzelnachweise (10)
1.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1030 Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen
Quelle
2.
Bewertungsgesetz (BewG)
§ 14 Lebenslängliche Nutzungen und Leistungen
Quelle
3.
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
§ 16 Freibeträge
Quelle
4.
FG Nürnberg, Urteil vom 05.03.2015 - 4 K 410/13
Quelle
5.
Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
§ 3, Nr.4, Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung
Quelle
6.
Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
§ 3, Nr.6, Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung
Quelle
7.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1059 Unübertragbarkeit; Überlassung der Ausübung
Quelle
8.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1061 Tod des Nießbrauchers
Quelle
9.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1062 Erstreckung der Aufhebung auf das Zubehör
Quelle
10.
Frank Birkenbeil: 'Der Nießbrauch als Gestaltungsmittel im Erbrecht sowie im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht' 2020, 390 S.Kovac, J. ISBN 978-3-339-11714-4
Quelle